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26.04.2023Der neue ESA BIC Northern Germany Zuwachs Werover GmbH leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimakrise. Das Bremer Startup nutzt KI, iOT, Robotertechnologien und Satellitenkommunikation, um Probleme an Wind- und Wasserkraftanlagen frühzeitig zu erkennen. Mit dieser Technologie hoffen sie, die Lebensdauer von Wind- und Wasserkraftanlagen zu verlängern und erneuerbare Energien langfristig zugänglicher und bezahlbarer zu machen.
Wartungsprobleme im Bereich der erneuerbaren Energien
Schon früh erkannten die Gründer von Werover mehrere Probleme bei der Wartung und Schadensfrüherkennung in der Wasser- und Windkraftbranche – sie ist zeitintensiv, kostspielig und der Wartungsprozess selbst kann oft zu Schäden führen.
Wasserkraftwerke verfügen über Stollen, die oft zwischen 10 und 20 km lang sind und das Wasser von den Stauseen zu den Turbinen transportieren. Diese müssen regelmäßig inspiziert werden, und die Standardmethode besteht darin, diese Tunnel abzulassen und sie von einem Techniker manuell auf Schäden, Risse und Ablagerungen zu untersuchen. Dies bedeutet jedoch nicht nur wochenlange Ausfallzeiten, wenn die Tunnel entleert werden müssen, sondern es besteht auch die Gefahr eines Einsturzes aufgrund der Druckveränderungen, die durch das Entleeren und Wiederbefüllen der Tunnel verursacht werden, was die Gesamtlebensdauer der Anlagen verkürzen kann.
Windkraftanlagen können auch bei der Schadenserkennung problematisch sein. Die Zahl der Blitzeinschläge hat in den letzten Jahren um das Dreifache zugenommen, was zu Schäden an den Rotorblättern von Windkraftanlagen führen kann. Die Wartung der Rotorblätter ist extrem teuer, und die durchschnittlichen jährlichen Wartungskosten für eine Windturbine belaufen sich auf rund 4,5 Millionen Euro.
Werover-CTO Kazım Çağlar Erat mit dem Werover-Roboter im Testbetrieb (©Werover).
Werover: Raumfahrt trifft Robotik
Mithilfe von KI-, IoT- und Robotertechnologien bietet Werover einen Service für die vorausschauende Wartung von Wasser- und Windkraftanlagen an, der dazu beiträgt, Probleme in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen. Bei Wasserkraftwerken schickt der Searover-Service eine Reihe von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (Remotely Operated Underwater Vehicles, ROVs) durch die Wasserkrafttunnel, um mit Hilfe von 3D-Kartierungstechnologien Risse und Ablagerungen zu erkennen. Diese ROVs nutzen Satellitennavigation, um ihren Weg durch die Tunnel zu finden, und sie kommunizieren auch über Satellit. „Unser Unternehmen ist auf dem nachgelagerten Markt tätig, da wir Inspektionsdienste für Unterwasseranlagen anbieten. Unsere ROVs nutzen eine Zwei-Wege-Satellitenkommunikation: Die Daten des Roboters werden übertragen und auf dem Bildschirm der Bedieneinheit angezeigt, und wir senden die Steuerbefehle an den Roboter – alles in Echtzeit“, erklärt Ilkyaz Koca, Business Development Manager bei der Werover GmbH.
Bei ihrem Windrover-Service für Windkraftanlagen werden Sensoren an den Rotorblättern angebracht, die auch eine 3D-Modellierung der Rotorblätter vornehmen, um Schäden frühzeitig zu erkennen. Die Daten werden dann mit Hilfe von Algorithmen des maschinellen Lernens (Patent ausstehend) analysiert und eine mobile App zeigt alle Daten in Echtzeit an. In Zukunft wird Windrover die Satellitenkommunikation nutzen, um diese Informationen zu überprüfen.
Bremen: Europazentrale
Im Jahr 2022 ist Werover nach Bremen umgezogen, um den Beginn der Inkubation und der Zusammenarbeit mit ESA BIC Northern Germany zu markieren. Deutschland wird der europäische Hauptsitz des Unternehmens werden. Während das bestehende Team von 25 Mitarbeitern in der Türkei bleibt, wird in Deutschland ein neues Team aufgebaut, wobei sich die Werover GmbH hauptsächlich auf die technische Seite und das Marketing konzentriert. Dazu gehören Forschung und Entwicklung sowie die Verbesserung der ROV-Positionierungsgenauigkeit durch Satellitenkommunikation. Der Hauptsitz in Bremen wird als Basis für die internationale Expansion dienen, zunächst in Europa und dann auch darüber hinaus.
Die Werover GmbH bietet Dienstleistungen rund um maritime, Energie- und KI-Anwendungen an. „Diese Branchen sind sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven stark vertreten, weshalb die Wahl der Hansestadt als Firmensitz naheliegend war“, erklärt Ilkyaz Koca. Neben Bremen als Hafen- und Industriestadt sind auch die verschiedenen Forschungsinstitute vor Ort einer der Hauptgründe für die Ansiedlung von Werover in Bremen. „Wir haben bereits unsere Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und Fraunhofer begonnen, da wir im selben Konsortium ein Horizon-Projekt entwickeln“, sagt Koca.
Die Werover GmbH ist zuversichtlich, dass ihre Lösungen einen echten Beitrag zur Klimakrise leisten werden. „Indem wir Abfälle reduzieren, die Lebensdauer von Anlagen für erneuerbare Energien verlängern und kostspielige manuelle Prozesse abschaffen, tragen wir zur Nachhaltigkeit im Energiesektor bei. Wir helfen den Anlagen, Geld zu sparen, was wiederum dazu beiträgt, dass saubere Energie viel erschwinglicher und zugänglicher wird“, sagt Ilkyaz Koca.
Den Kunden helfen, Geld zu sparen
Die letzten zwei Jahre seit der Gründung war eine aufregende Zeit für das Startup. Sie haben ihre ersten Kunden für ihren Searover-Dienst gewonnen und zählen internationale Energie- und Green-Tech-Unternehmen zu ihren Partnern. Werover-CEO Balca Yilmaz ist auch eine der wenigen weiblichen ROV-Betreiber; sie wurde kürzlich von Microsoft als erfolgreiche Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet. „In der Robotikbranche ist es wirklich ungewöhnlich, eine Frau an der Spitze zu haben, daher sind wir sehr stolz auf ihre Vision und ihren Beitrag“, sagt Koca.
Die Werover-Mitbegründer Balca Yilmaz und Kazim Caglar Erat lernten sich an der Technischen Universität Istanbul kennen, wo sie beide Steuerungs- und Betriebstechnik studierten. Einer der Mitbegründer hatte schon früh eine Leidenschaft für das Tauchen, und die beiden Ingenieure machten sich daran, diese Leidenschaft und ihr technisches Wissen mit ihrem Wunsch zu verbinden, die erneuerbaren Energien zu verbessern. Sie beantragten Forschungsgelder und entwickelten den Unterwasserroboter Searover. Nach einer Partnerschaft mit einem großen Energieunternehmen entdeckten sie, dass die Herausforderung der vorausschauenden Wartung auch für Windkraftanlagen gilt. Sie passten die Technologie an, um diesem Bedarf gerecht zu werden.
Die Zukunft
Werover hat das ehrgeizige Ziel, bis 2027 einen Umsatz von 58 Millionen Euro zu erzielen und einen Anteil von 5,6 % am Windturbinenmarkt UK-EU-TR zu halten. Doch die Vision ist nicht nur finanzieller Natur: Das Unternehmen möchte die Lebensdauer von Windturbinen um 25 % erhöhen und eine CAGR (Compound Annual Growth Rate) von 2 % erreichen, die derzeit bei 24,45 % liegt.
Längerfristig will das Unternehmen seine Technologie auch für andere Formen der erneuerbaren Energie nutzen. Während sich das Unternehmen derzeit nur auf die Entwicklung seiner Kernprodukte konzentriert, wird es in seiner längerfristigen Vision nach 2025 wahrscheinlich in die Solarenergie investieren. „Unsere Vision ist es, ein Dienstleistungsunternehmen für alle erneuerbaren Energien zu werden„, sagt Koca.
Über ESA BIC Northern Germany
Das Inkubationszentrum (BIC) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Norddeutschland (ESA BIC Northern Germany) hat seinen Sitz gemeinsam mit dem Luft- und Raumfahrtverband des Landes Bremen AviaSpace Bremen im BITZ und Digital Hub Industrie, Bremens größte Innovations- und Technologiezentren für Hightech-Unternehmen und Startups. Das ESA BIC Northern Germany bringt neue Startup-Impulse in die Region und stärkt somit das Innovationscluster Luft- und Raumfahrt des Landes Bremen. Der AviaSpace Bremen unterstützt die Raumfahrt Incubatees mit seinem Netzwerk, der Öffentlichkeitsarbeit und gezielten Coachings nicht nur während der Inkubationszeit, sondern auch in der Phase der Antragsstellung und im Anschluss als Alumni. Das Starthaus ist die zentrale Anlaufstelle im Bremer Gründungsökosystem und unterstützt die Startups zu allen Fragestellungen der Geschäftsentwicklung sowie zur Finanzierung. Gemanagt wird das ESA BIC Northern Germany von der Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO), einem internationalen Netzwerk- und Brandingunternehmen für europäische Raumfahrtprogramme.
Seit 2021 bietet das ESA BIC Northern Germany seinen Service auch an Startups mit Raumfahrtbezug in Schleswig-Holstein an. Das Technikzentrum Lübeck mit GATEWAY49, AviaSpace Bremen und AZO betreiben gemeinsam diese Erweiterung des ESA BIC Northern Germany. Es ist weiterhin geplant das ESA BIC Northern Germany auf die nördlichen Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg auszuweiten.