
Flugzeugbau hautnah – hinter den Kulissen von Airbus in Bremen
09.05.2023
COOPERANTS präsentiert sich auf der Cloud Expo Europe
11.05.2023FLUCTO revolutioniert die Installation von Windkraftanlagen mithilfe des Satellitennavigationssystems Galileo
Das Bremer Startup “Flucto” nutzt Standort- und Zeitdaten von Galileo GNSS, um die Installation von Offshore-Windparks einfacher, schneller und sicherer zu machen. Im dritten Jahr seines Bestehens hat das Unternehmen das ESA BIC Inkubationsprogramm abgeschlossen und bereits erste Kunden akquiriert.
Errichtung von Offshore-Windparks
Im Jahr 2020 erkannten die Flucto-Gründer Aljoscha Sander und Andreas Haselsteiner, dass ein Teil der großen Herausforderungen, die mit der Installation von Offshore-Windparks einhergehen, durch eine Digitalisierung des Installationsprozesses gelöst werden können: die vielen riesigen Bauteile, aus denen eine Windenergieanlage besteht, müssen mit absoluter Genauigkeit auf dem offenen Meer installiert werden, aber das Wasser, der Wind und die bloße Größe der Teile führen dazu, dass sich die Bauteile während der Installation auf unvorhersehbare Weise bewegen. Damit ist auch eine Vorhersage, wie lange sowohl eine einzelne Installation einer Windenergieanlage als auch eines ganzen Parks nahezu unmöglich ist – zumindest mit dem aktuellen Stand der Technik.
Mit seinen Mehrzwecksensoren ist Flucto auf einer Mission dies zu ändern. Die Sensoren, die in einem Gehäuse von der Größe eines Schuhkartons untergebracht sind, werden bei der Installation an den verschiedenen Teilen einer Windkraftanlage angebracht. Durch die Verwendung von verschiedenen Sensoren – unter Anderem Galileo GNSS – messen diese Sensoren die Ausrichtung und Position der jeweiligen Teile in Raum und Zeit. Dies bedeutet, dass die verschiedenen Teile einer Windkraftanlage deutlich genauer positioniert und installiert werden können.
Optimierung der Installation von Offshore-Windparks mit Satellitendaten
Das neue Produkt von Flucto heißt „Optical Pile Tracking“. Das „Pile“ im Namen bezieht sich dabei auf „Monopiles“, dem gängigsten Fundament für Offshore-Windenergieanlagen. Diese Monopiles werden während der Installation mit Spezialhämmern in den Meeresboden getrieben. Flucto’s „Optical Pile Tracking“ nutzt die mit Kameras ausgestatteten Mehrzwecksensoren, um optische Merkmale auf der Außenfläche eines Monopiles während des Hämmerns zu verfolgen. Damit kann die instantane Geschwindigkeit des Monopiles in Echtzeit ermittelt werden, eine kritische Größe, um Monopiles schnell und sicher in den Boden zu bringen. Herkömmliche Sensoren können während der Installation nur sehr schwer am Monopile angebracht werden; laut Sander wäre dies aufgrund der „die Erdanziehungskraft um das 1000-fache übertreffenden“ Kräfte, mit denen der Monopile in den Meeresboden getrieben wird, nicht praktikabel.
Flucto ist der Ansicht, dass das Optical Pile Tracking auch dazu beitragen kann, einen „Pile Run“, das unkontrollierte Abrutschen eines Monopiles zu vermeiden, den Sander als „katastrophal“ während des Installationsprozesses beschreibt. Dies geschieht, wenn die durch das Hämmern auf den Monopile verursachten Vibrationen sich auf den umgebenden Sand übertragen und diesen zu Treibsand werden lassen. Ein „Pile Run“ kann zu schweren Schäden am Installationsschiff und zum vollständigen Verlust des Monopiles selbst führen.
„Unser Ziel ist es, den Installationsprozess vorhersehbarer zu machen, sodass Unternehmen besser planen und den Installationsprozess schneller und auf die sicherste Art und Weise umsetzen können“, sagt Aljoscha Sander.
Space meets Wind
Die Flucto-Sensoren sind auf das europäische Satellitennavigationssystem Galileo angewiesen, um exakte Standortdaten zu erhalten, und – was noch wichtiger ist – um ein genaues, externes Zeitsignal zu erhalten. „Wir haben mehrere Sensoren, die alle Daten liefern, und wir brauchen sowohl Standortdaten als auch eine externe Zeitquelle für die Synchronisation. Galileo liefert uns diese sehr genauen Informationen“, fügt Aljoscha Sander hinzu. „Das Galileo-GNSS-System mit der höchsten Genauigkeit wird 2024 in Betrieb genommen und wir sind wirklich gespannt darauf.“
Neueste Errungenschaften
Flucto hat bereits Anerkennung für seine Arbeit erhalten. Das Startup wurde 2020 mit dem Galileo-Preis ausgezeichnet und hat im Februar 2023 das ESA BIC Norddeutschland Inkubationsprogramm abgeschlossen. Flucto nutzte die Unterstützung, die das Unternehmen während des ESA BIC-Inkubationsprozesses erhielten, um ein erstes funktionierendes Produkt zu entwickeln Dieses Produkt, die Mehrzwecksensoren, befinden sich nun bereits im kommerziellen Einsatz. „Das Inkubationsprogramm war für uns von unschätzbarem Wert“, sagt Sander.
Seitdem hat das Bremer Startup vier weitere Kunden gewonnen, darunter zwei multinationale Unternehmen, die an der Errichtung von Windkraftanlagen beteiligt sind, und zwei Universitäten, die Flucto’s Open-Source-Sensoren nutzen.
Installation von Offshore-Windkraftanlagen: ein Nischengeschäft
Sander räumt ein, dass der Business Case etwas kompliziert ist. „Der Bereich ist eine unglaubliche Nische. Wir bieten eine Dienstleistung an, wir schicken Personal auf die Schiffe, welches mit unseren Sensoren Messungen vornimmt. Zum Aufbau des Unternehmens stellen wir auch Personal zur Verfügung, das als Techniker auf den Schiffen arbeitet. Wenn wir die die Installation von Anlagen verbessern wollen, müssen wir dabei sein und uns die Hände schmutzig machen, um zu verstehen, wie Installationen aktuell durchgeführt werden. Deswegen ist es für uns auch wichtig direkt auf den Installationsschiffen zu arbeiten.“

Bild 1: Die Sensoren genutzt als Bestandteil des SKILLS Projekts. (© Matthias Barbei, Aljoscha Sander)

Bild 2: Die Sensoren befinden sich auf der Spitze des Turms. (© Aljoscha Sander)

Bild 3: Das aktuelle Design des Flucto Sensors. (© Flucto GmbH)

Bild 4: Rotor blades. (© Sebastian Czerwon, Aljoscha Sander)

Bild 5: Flucto Sensoren an drei unterschiedlichen Punkten des Monopile-Greifers. (© Flucto GmbH)
Über ESA BIC Northern Germany
Das Inkubationszentrum der Europäischen Weltraumorganisation in Norddeutschland (ESA BIC Northern Germany) hat seinen Hauptsitz gemeinsam mit dem Bremer Verband der Luft- und Raumfahrtindustrie AVIASPACE BREMEN im BITZ, dem größten Innovations- und Technologiezentrum für Hightech-Unternehmen und Start-ups in Bremen. Das ESA BIC Northern Germany bringt neue Gründungsmöglichkeiten in die Region und stärkt damit die Luft- und Raumfahrtbranche im Bundesland Bremen. AVIASPACE BREMEN unterstützt die Inkubatees mit seinem Netzwerk, Öffentlichkeitsarbeit und gezieltem Coaching nicht nur während der Inkubationszeit, sondern auch danach als Alumni. Starthaus ist die zentrale Anlaufstelle im Bremer Startup-Ökosystem und unterstützt die Startups in allen Angelegenheiten der Geschäftsentwicklung und Finanzierung. Geleitet wird das ESA BIC Northern Germany von der Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO), einem internationalen Netzwerk- und Brandingunternehmen für die europäischen Raumfahrtprogramme, welches auch das ESA BIC Bavaria mit drei Standorten in Süddeutschland betreut.
Seit 2021 bietet ESA BIC Norddeutschland seinen Service auch für raumfahrtbezogene Startups in Schleswig-Holstein an. Das Technikzentrum Lübeck betreibt gemeinsam mit GATEWAY49, AVIASPACE BREMEN und AZO diese Erweiterung von ESA BIC Northern Germany. Es ist geplant, ESA BIC Northern Germany auch auf die norddeutschen Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg auszuweiten.