
Land fördert KI-Projekte in Wirtschaft und Wissenschaft
16.07.2025
Space Hub bringt das Weltall in die Innenstadt
06.08.2025Wenn Sekunden über Leben und Tod entscheiden, zählt jedes Hilfsmittel. Gerade in der Notfallmedizin fehlt es jedoch oft an Diagnostik, die direkt am Einsatzort verfügbar ist. Ein schneller Blick ins Blut, etwa bei Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung, könnte lebensrettend sein. Doch aktuelle Geräte sind groß, empfindlich und auf Labore angewiesen. Genau das will Lumeox ändern. Das Lübecker MedTech-Startup rund um Gründer Till Böhme entwickelt mit der „mobox“ ein tragbares Blutanalysesystem, das so robust, einfach und schnell ist, dass es auch in der Raumfahrt bestehen kann.
Ein Tropfen Blut – viele Antworten
Die Idee zur Gründung entstand an der Technischen Hochschule Lübeck. Aus dem Hochschulumfeld heraus entwickelte sich die Vision, die klassische Blutgasanalyse zu revolutionieren. Statt große, empfindliche Geräte zu bedienen oder Laborproben umständlich zu transportieren, soll künftig ein Tropfen Blut genügen. Innerhalb weniger Sekunden liefert mobox relevante Blutgas- und CO-Oximetrie-Werte, etwa für Sauerstoffsättigung, pH-Wert oder CO-Hämoglobin.
Technisch basiert das System auf einer optischen Messtechnik, die mit Hife von KI-Algorithmen die erforderliche Robustheit in außerklinischen Anwendungen erlangt. Damit kommt Lumeox ohne elektrochemische Sensoren aus, die in verschiedenen Einsatzszenarien Schwächen aufweisen. Das Gerät funktioniert zuverlässig bei Temperaturen zwischen -15 und +45 Grad Celsius, die Testchips können ungekühlt gelagert werden und die optische Messtechnik benötigt keine regelmäßige Kalibrierung. Gerade für Einsatzorte mit extremen Bedingungen – von Notfalleinsätzen bis hin zu Expeditionen, ist das ein echter Gamechanger.
Vielfältige Einsatzorte – von der Rettung bis zur Pflege
Der Markt, den Lumeox angeht, umfasst eine breite Palette. Im Mittelpunkt steht die Notfallmedizin; hier kann die schnelle Verfügbarkeit der Blutparameter am Einsatzort Leben retten. Aber auch in der stationären Versorgung, in Hausarztpraxen, bei der Pflege von Langzeitbeatmeten oder in der Pneumologie sieht das Startup großes Potenzial. Darüber hinaus interssant sind Anwendungen an entlegenen Orten, an denen medizinische Infrastruktur fehlt oder nur eingeschränkt verfügbar ist. Dazu gehören Forschungsschiffe, Stationen in Arktis oder Antarktis und die astronautische Raumfahrt.
Von der Hochschule ins Weltall
Über einen Kontakt zu einer Payload-Managerin der Internationalen Raumstation ISS, kam Lumeox in Verbindung mit der ESA. Das Payload Team suchte nach einer Lösung, um verlässlich Blutanalysen im All durchführen zu können. Die Anforderungen wurden gemeinsam spezifiziert. Schließlich bewarb sich Lumeox erfolgreich beim ESA Business Incubation Centre (BIC) Northern Germany. Seit Juni 2025 ist das Unternehmen Teil des Programms.
Die Raumfahrt stellt besondere Anforderungen an Medizintechnik: Geräte müssen leicht, energieeffizient, vibrationsresistent und einfach bedienbar sein. Gleichzeitig darf die Diagnostik nicht weniger zuverlässig sein als auf der Erde. Lumeox ist eines der wenigen deutschen MedTech-Start ups, welches genau diese Brücke zwischen Klinikalltag und Weltraumexpedition schlagen will.
Inkubation für den nächsten Schritt
Die nächsten zwei Jahre im ESA BIC Northern Germany werden für Lumeox entscheidend. In der Inkubation will das Team den funktionsfähigen Prototypen in eine serienreife, CE-zertifizierte Medizintechnik überführen. Dabei geht es um präzise Fertigungsprozesse, Qualitätssicherung, klinische Validierung, aber auch um strategische Netzwerke, Testumgebungen und den Zugang zu potenziellen Raumfahrtpartnern.
Gerade für die Serienproduktion der Testchips sind wiederholbare, zuverlässige Prozesse nötig. Genau hier profitiert Lumeox vom Know-how aus dem ESA-Netzwerk, etwa im Bereich Testaufbauten oder Umweltprüfungen. Gleichzeitig öffnet sich durch das Umfeld des ESA BIC auch der Zugang zu potenziellen internationalen Partnern – sowohl im Raumfahrt- als auch im MedTech-Sektor.

Die Mobox – Lumeox cutting edge device © Lumeox 2024
Medizin neu denken – auch im All
Lumeox sieht die Zukunft seines Geräts nicht nur auf der Erde, sondern auch im Orbit. Erste Anwendungen könnten bereits in der Astronautenausbildung stattfinden – etwa zur Gesundheitsüberwachung während Vorbereitungseinsätzen. Langfristig soll mobox aber auch ein fester Bestandteil von bemannten Missionen werden. Gerade bei Langzeitflügen, auf Mondstationen oder späteren Marsmissionen ist die kontinuierliche Überwachung lebenswichtiger Blutparameter entscheidend.
Till Böhme bringt es auf den Punkt: „Die medizinische Versorgung muss nicht schlechter sein, nur weil man ein paar hundert Kilometer über der Erde ist.“ Für ihn und sein Team ist klar: Was für Patientinnen und Patienten auf der Erde gut ist, kann auch im Weltraum Leben retten.
Ein Startup mit Vision – und Unterstützung
Mit der Aufnahme ins ESA BIC Northern Germany bekommt Lumeox nicht nur finanzielle und technische Unterstützung, sondern auch Rückenwind für eine ambitionierte Vision. Die nächsten zwei Jahre werden genutzt, um den Prototyp in ein marktfähiges Produkt zu überführen, klinische Studien vorzubereiten und die Grundlagen für eine Skalierung zu schaffen, sowohl terrestrisch als auch extraterrestrisch.
So könnte bald aus einem norddeutschen Startup eine tragende Säule der Raumfahrtmedizin entstehen – „real-time blood diagnostics, anytime, anywhere“, wie das Team selbstbewusst sagt.
Über ESA BIC Northern Germany
Das Inkubationszentrum (BIC) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Norddeutschland (ESA BIC Northern Germany) hat seinen Sitz gemeinsam mit dem Luft- und Raumfahrtverband des Landes Bremen im Bremer Innovations- und Technologiezentrum BITZ sowie dem Digital Hub Industrie – zwei von Bremens größten Innovations- und Technologiezentren für Hightech-Unternehmen und Startups. Das ESA BIC Northern Germany bringt neue Startup-Impulse in die Region und stärkt somit das Innovationscluster Luft- und Raumfahrt des Landes Bremen. Der AVIASPACE BREMEN e.V. unterstützt die Raumfahrt Incubatees mit seinem Netzwerk, der Öffentlichkeitsarbeit und gezielten Coachings nicht nur während der Inkubationszeit, sondern auch in der Phase der Antragsstellung und im Anschluss als Alumni. Das STARTHAUS Bremen & Bremerhaven ist die zentrale Anlaufstelle im Bremer Gründungsökosystem und unterstützt die Startups zu allen Fragestellungen der Geschäftsentwicklung sowie zur Finanzierung. Gemanagt wird das ESA BIC Northern Germany von der Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO), einem internationalen Netzwerk- und Brandingunternehmen für europäische Raumfahrtprogramme.
Seit 2021 bietet das ESA BIC Northern Germany seinen Service auch an Startups mit Raumfahrtbezug in Schleswig-Holstein an. Das Technikzentrum Lübeck mit GATEWAY49, AviaSpace und AZO betreiben gemeinsam diese Erweiterung des ESA BIC Northern Germany. Seit 2024 bietet der Innovationport Wismar der Forschungs GmbH Wismar gemeinsam mit AviaSpace und AZO ebenfalls den Zugang zum ESA BIC Northern Germany an. Es ist weiterhin geplant das ESA BIC Northern Germany auf die nördlichen Bundesländer Hamburg, Niedersachsen und Berlin-Brandenburg auszuweiten.
Die technische Unterstützung des ESA BIC Norddeutschland wird von Fraunhofer IFAM, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI, dem Alfred-Wegener Institut für Polarforschung AWI, den Universitäten Bremen und Lübeck, der TH Lübeck, dem Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation ZARM, Life Science Nord, Airbus Group, ArianeGroup, AES Aircraft Elektro/Elektronik System, Dräger, DSI Aerospace, Possehl und OHB angeboten.






