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24.10.2022Satelliten in erdnahen Umlaufbahnen können die Kluft zwischen Telekommunikation und Digitalisierung überbrücken, haben jedoch eine relativ kurze Lebensdauer. Das Startup ‚Blue Orbit Space Systems‘, eines der neuesten Mitglieder im Netzwerk des ESA BIC Northern Germany, nimmt sich diesem Problem an. Es entwickelt Plasmasysteme, die die Lebensdauer der Satelliten verlängern und zugleich den Betrieb optimieren. Eine Technologie mit zahlreichen Nebenanwendungen – auch für die Industrie.
Plasmatechnologie: Eine Lösung für gleich mehrere Probleme
Tatsache ist: Satelliten in oberflächennahen Umlaufbahnen bieten uns zahlreiche Vorteile, von der verbesserten digitalen Konnektivität für abgelegene Gemeinden bis hin zur Erdbeobachtung, die zum Beispiel bei der Überwachung von Ernten, der Verfolgung der Entwaldung und dem Katastrophenmanagement hilft.
Mit der wachsenden Zahl von Satelliten im erdnahen Orbit (allein zu einzelnen Konstellationen gehören oft zwischen 100.000 und 200.000 Satelliten) stellen die Unternehmen jedoch fest, dass es Probleme mit deren Qualität gibt. So haben Satelliten oft Probleme, nach dem Start tatsächlich ihre vorgesehene Position zu erreichen oder – sie fallen nach einer gewissen Zeit aus der Umlaufbahn. Auch Weltraummüll kann Satelliten beschädigen. Dies alles führt dazu, dass die Lebensdauer eines Satelliten recht kurz ist und es immer wieder zu Problemen mit der Zuverlässigkeit der Daten kommt.
‚Blue Orbit Space Systems‘ arbeitet nun an der Lösung dieser Probleme. Zur Idee gehören Hard- und Software für die Steuerung von Satelliten in niedrigen Umlaufbahnen, darunter eine neue Generation elektrischer Triebwerke, die durch Plasma verstärkt werden. Aufgabe der Triebwerke ist es, die Satelliten von ihrem Absetzpunkt aus in die exakt richtige Position zu bewegen und – sie dort zu halten.
„Letztendlich wollen wir Systeme bauen, die Satelliten wie Flugzeuge steuern.“
René Cartaya López
Von der Satellitenoptimierung zu Lebensmittelkonservierung und Abfallverarbeitung
In Zukunft wollen die fünf Gründer zudem ein System entwickeln, das Satelliten hilft, die Kollision mit Weltraumschrott zu vermeiden, indem sie von ihrer Umlaufbahn abweichen. Außerdem entwickelt wird eine Steuerungssoftware, mit der der Satellit direkt vom Boden aus gesteuert werden soll.
Plasma eignet sich jedoch nicht nur zur Optimierung der Schubkraft von Satelliten, sondern auch zur Verarbeitung von Abfallstoffen sowie zur Konservierung von Lebensmitteln. Daher hat das Unternehmen darüber hinaus zwei Plasma-Spin-off-Projekte in der Entwicklung.
Das erste Projekt arbeitet gemeinsam mit einem internationalen Hersteller daran, die Plasmatechnologie zur Konservierung von Meeresfrüchten einzusetzen. Darüber hinaus sind die Gründer im Gespräch mit der lokalen Regierung in Antofagasta (Nord-Chile), die an einer Plasmalösung für die Verarbeitung von Haushaltsabfällen interessiert ist.
Blue Orbit Space Systems: Fünf Kulturen, fünf Disziplinen, eine Leidenschaft
Blue Orbit Gründungsmitglied René Cartaya López schloss seinen Bachelor in Physik an der Simón Bolívar Universität in Venezuela ab. Während seines Masterstudiums an einer Raumfahrtfakultät in Moskau begann er, sich für die Chemie des Plasmaprozesses zu interessieren und startete ganz gezielt mit der Entwicklung von Technologien für Raumfahrtanwendungen. Im Rahmen seiner Arbeit lernte René Wissenschaftler aus der ganzen Welt kennen, jeder mit einem anderen Fachgebiet, aber mit einer entscheidenden Gemeinsamkeit: der Leidenschaft für Raumfahrtantriebe und Plasmatechnologie. Im Jahr 2021 gründete eine fünfköpfige Gruppe die ‚Blue Orbit Space Systems‘.
Zum Gründungs-Team gehören Abraham Vivas Borda, ein Doktorand der Polytechnischen Universität in Cartagena (Spanien), der sich auf erneuerbare Energien spezialisiert hat. Félix Konefka in Israel – mit einem M.Sc. (Master of Science) in Plasmaphysik sowie Ahymerd Riveras, der als Produktionsingenieur in Portugal tätig ist. Mechatronik-Ingenieur Marco Cen Puc (Mexiko) und Plasmaphysiker René Cartaya López (Venezuela) promovieren derzeit beide an der Universität Bremen – und so schließt sich der Kreis.
„Ich arbeite sehr gerne gemeinschaftlich an technischen Projekten. Blue Orbit funktioniert so gut, weil meine Partner alle etwas anderes und Besonderes mitbringen, das dem Projekt zu Gute kommt. Das Feedback der anderen Disziplinen schafft immer wieder ein gutes Gleichgewicht. Kurz gesagt: Wir machen uns gegenseitig zu besseren Wissenschaftlern.“
René Cartaya López
Mit Blue Orbit in die Zukunft – von Bremen aus
Die unmittelbare Priorität liegt für die Blue Orbit-Gründer jetzt auf der Automatisierung ihres Testsystems, um die Entwicklung und Produktion zu beschleunigen.
In Zukunft möchte Blue Orbit vor allem die aufstrebenden Raumfahrtmärkte in Südamerika, Afrika und dem Nahen Osten ansprechen. Blue Orbit hat bereits zwei erste Kunden, darunter ein argentinisches Raumfahrtunternehmen, das Triebwerke für eine neue Konstellation von Satelliten in niedriger Umlaufbahn für landwirtschaftliche und Telekommunikationszwecke sucht.
Auch im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit stehen mögliche Veränderungen an. Die beiden Gründungspartner, die derzeit in Spanien und Israel leben, erwägen einen Umzug zu René und Marco nach Bremen, sodass die Mehrheit der Gründer künftig von Norddeutschland aus arbeiten wird.
Die Gründer von Blue Orbit freuen sich über die Unterstützung, die sie vom Inkubationsprogramm der ESA erhalten. Neben einer finanziellen Unterstützung von insgesamt 50.000 Euro geht es dabei insbesondere um eine zweijährige Begleitung im Bereich Marketing sowie um einen Bürostandort in Bremen.
„Bremen ist führend im Raumfahrtsektor, daher freuen wir uns sehr, dass wir unsere Reise mit Blue Orbit hier mit der Unterstützung des ESA BIC Netzwerks beginnen können“
René Cartaya López
Über ESA BIC Northern Germany
Das Inkubationszentrum (BIC) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) in Norddeutschland (ESA BIC Northern Germany) hat seinen Sitz gemeinsam mit dem Luft- und Raumfahrtverband des Landes Bremen AviaSpace Bremen im BITZ und Digital Hub Industrie, Bremens größte Innovations- und Technologiezentren für Hightech-Unternehmen und Startups. Das ESA BIC Northern Germany bringt neue Startup-Impulse in die Region und stärkt somit das Innovationscluster Luft- und Raumfahrt des Landes Bremen. Der AviaSpace Bremen unterstützt die Raumfahrt Incubatees mit seinem Netzwerk, der Öffentlichkeitsarbeit und gezielten Coachings nicht nur während der Inkubationszeit, sondern auch in der Phase der Antragsstellung und im Anschluss als Alumni. Das Starthaus ist die zentrale Anlaufstelle im Bremer Gründungsökosystem und unterstützt die Startups zu allen Fragestellungen der Geschäftsentwicklung sowie zur Finanzierung. Gemanagt wird das ESA BIC Northern Germany von der Anwendungszentrum GmbH Oberpfaffenhofen (AZO), einem internationalen Netzwerk- und Brandingunternehmen für europäische Raumfahrtprogramme.
Seit 2021 bietet das ESA BIC Northern Germany seinen Service auch an Startups mit Raumfahrtbezug in Schleswig-Holstein an. Das Technikzentrum Lübeck mit GATEWAY49, AviaSpace Bremen und AZO betreiben gemeinsam diese Erweiterung des ESA BIC Northern Germany. Es ist weiterhin geplant das ESA BIC Northern Germany auf die nördlichen Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg auszuweiten.