„Digitalisierung der Luftfahrt ist unsere Mission“
11.02.2019Charlie auf dem Mars
18.02.201916.2.2019: Airbus, OHB-Systems und ArianeGroup – die drei Großen der Luft- und Raumfahrtindustrie in Bremen sind ein Begriff. Doch viele der richtungsweisenden Produkte und Verfahren in der Branche kommen aus rund 140 kleinen und mittleren Unternehmen sowie 20 Forschungsinstituten im Land Bremen. Das „Bremer Luft- und Raumfahrt-Forschungsprogramm 2020“ ist für sie der Schlüssel zur Innovation.
Die Heino Ilsemann GmbH und das Faserinstitut Bremen e.V. haben vielerlei Kompetenzen. Das Maschinenbauunternehmen aus Bremen entwickelt und produziert komplexe Verpackungsmaschinen unter anderem für die Pharmaindustrie. Während Ilsemann bislang keine Verbindung zur Luft- und Raumfahrt hatte, hat das auf technische Textilien und Faser-Verbundstoffe spezialisierte Institut bereits Forschungsprojekte für die Raumfahrt abgewickelt. Gemeinsam wollen beide nun tiefer ins All vordringen. Gemeinsam mit dem Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitationsforschung (ZARM) sowie der ZARM Technik AG arbeiten Ilsemann und Institut an Kunststoffkomponenten für hochspezialisierte Satelliten-Steuerungsinstrumente. Das Projekt AKIRA (Analyse und Evaluierung eines Kohlefaser-Integralgehäuses für Magnettorquer) ist nicht nur das erste bewilligte Vorhaben in der zweiten Runde des „Bremer Luft- und Raumfahrt-Forschungsprogramms 2020“: „Es zeigt auch, wie wir hochspezialisierten Unternehmen aus anderen Branchen den Zugang zur Luft- und Raumfahrtindustrie ebnen können“, sagt Martin Günthner, Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen der Freien Hansestadt..
Hochspezialisierte Satellitentechnik ist typisch für Bremen
Die Magnettorquer, um deren Gehäuse es in dem Verbundforschungsvorhaben geht, sind typisch für die international anerkannt hohe Kompetenz der Luft- und Raumfahrtindustrie Bremen. Es handelt sich um Lageregelungs-Instrumente, die – vereinfacht gesagt – über eine Magnetspule im Zusammenspiel mit dem Erdmagnetfeld Satelliten auf Millimeterbruchteile genau im Weltraum positionieren. Als Ausgründung des Zarm an der Universität Bremen ist die ZARM Technik AG Weltmarktführer in der Entwicklung und Fertigung solcher Systeme. Neben den „großen“ Produkte wie den Galileo-Satelliten, der Oberstufe für die europäische Trägerrakete Ariane sowie Tragflächen und Rümpfen für die Airbus-Flugzeuge sind es solche Geräte, die Bremens Rolle weltweit führende Rolle in der Branche begründet haben. „Mit dem Luft- und Raumfahrtforschungsprogramm haben wir gezielt ein Instrument geschaffen, um diese herausragende Position Bremens zu sichern und auszubauen“, erläutert Günthner weiter.
Durch Innovationen Leistungsfähigkeit und Marktposition gesichert
Wie kaum eine anderer Wirtschaftszweig ist die Luft- und Raumfahrtindustrie auf einen kontinuierlichen Innovationsprozess angewiesen, um die Leistungsfähigkeit der Produkte zu steigern und die eigene Position im Wettbewerb zu sichern. Mit rund 12 000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund vier Milliarden Euro gehören die gut 140 Luft- und Raumfahrtunternehmen im Land Bremen zu den prägenden Faktoren des Wirtschaftsstandortes an der Weser. „Wir haben das Forschungsprogramm gezielt entwickelt, um die Stärke des Bundeslandes in diesem und in angrenzenden Technologiefeldern zu stützen und auszubauen“, so der Wirtschaftssenator. 2016 wurde das mit XX Millionen Euro dotierte Programm erstmals aufgelegt, finanziert wird es aus dem Europäischen Fonds für die Regionalentwicklung in Bremen (EFRE). Mittlerweile hat die mit der Umsetzung des Programms beauftrage Bremer Aufbau Bank die zweite Ausschreibung abgeschlossen und prüft nun nach und nach die eingereichten Projektskizzen. „Sowohl die Zahl als auch die Qualität der vorgeschlagenen Vorhaben unterstreichen, dass wir mit dem Förderprogramm den richtigen Weg eingeschlagen haben“, betont Dr. Norbert Möllerbernd, der in der Bremer Aufbau Bank (BAB) das Förderprogramm betreut.
Besonderes Augenmerk auf Verbundprojekte von Wirtschaft und Wissenschaft
Das Förderprogramm richtet sich in erster Linie an kleine und mittlere Unternehmen; ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Verbundvorhaben, in denen Wirtschaft und Wissenschaft eng miteinander kooperieren. Thematisch orientiert sich das Programm mit Feldern wie Leichtbau und Fertigungsprozesse, Hochauftriebs- und Frachtladesysteme Satelliten und Downstreamprodukte sowie Trägersysteme und astronautische Raumfahrt an den Schwerpunkten der Luft- und Raumfahrtindustrie in Bremen. Die Vorschläge werden sorgfältig von unabhängigen Fachleuten bewertet und geprüft, bevor die BAB über die Förderung entscheidet. „Wir konzentrieren uns auf Projekte, die tatsächliche Innovationen zum Ziel haben, die in den kommenden Jahren eine wichtige Bedeutung bekommen werden“, erläutert Dr. Möllerbernd. Die Förderquote von bis zu 50 Prozent der Kosten soll die beteiligten Unternehmen entlasten: „Wir können ihnen aber nicht das gesamte Risiko abnehmen, wollen ihnen jedoch den Zugang zu neuen Produkten und Märkten erleichtern.“
„Alleine hätte keiner die Aufgabe bewältigen können“
Das Projekt AKIRA ist ein Musterbeispiel dafür, wie das Programm sowohl neue Produkte als auch den Zugang zu neuen Märkten unterstützt. „Das Faserinstitut und Ilsemann haben Kompetenzen, die die ZARM Technik AG dringend gesucht hat und die das ZARM als Institut der Uni Bremen wissenschaftlich stützen kann“, sagt der Technologieberater Dr. Karlheinz Schultes. Bislang fertigt die ZARM Technik AG die Gehäuse der Magnettorquer aus Alumium – auch um Gewicht zu sparen, wäre es aber sinnvoller sie aus Faserverbundstoffen zu fertigen. Schultes wusste um die Interessen der Hersteller und kannte Können des Maschinenbauunternehmens und des Faserinstitutes rund um den Einsatz von Verbundstofffen. Der Berater brachte die Beteiligten zusammen: „Alleine hätte keiner die Aufgabe bewältigen können“, ist Schultes überzeugt: „ohne das Förderprogramm wäre das finanzielle Risiko außerdem viel zu hoch gewesen, als dass sich ein Unternehmen wie Ilsemann auf ein interessantes, aber völlig unbekanntes Geschäftsfeld begeben hätte.“ Ein Risiko ist jetzt immer noch da: „Aber dank des Programms ist es gleichwertig mit den Chancen, die sich durch den möglichen Einstieg in die Raumfahrtindustrie ergibt“, ist Schultes überzeugt. „Genau das war unsere Absicht“, freut sich Günthner. „Luft- und Raumfahrt gehören zu den Innovationsmotoren für die Wirtschaft im Land Bremen.“